Der Rheinische Sagenweg und der „Spuk am Mühlenteich“
Die Stadt Bad Breisig mit ihren pittoresken Fachwerkhäusern bietet ein sehenswertes Rheinpanorama. Doch dort, wo die Besucher heute in sommerlichen Nächten vor den zahlreichen Gaststätten am wunderschönen Rheinufer sitzen und den Blick auf Bad Hönningen genießen, soll es vor einigen hundert Jahren noch gespukt haben. Genauer gesagt dort, wo sich das jetzige Hotel zur Mühle befindet. Und wie der Name schon sagt, stand dort früher eine Mühle, angetrieben vom Frankenbach, der sich neben der Mühle zu einem kleinen Teich staute, bevor er in den Rhein abfloss.
Diese Mühle wurde im 17. Jahrhundert von drei Jungfrauen betrieben, die man auch die „Müllejangsjuffere“ (Mühlengangsjungfrauen) nannte. Zusammen mit dem Müllerburschen mahlten sie eifrig das Korn und den Raps für die Breisiger und verdienten dabei recht gut. Während des Dreißigjährigen Krieges erreichte sie jedoch eines Tages eine Nachricht, die den ganzen Ort in Aufruhr versetzte: „Ein wilder Landsknechtshaufen rückt heran und will die Stadt überfallen.“ Angesichts der Bedrohung fragte eine der Jungfrauen angsterfüllt: „Was sollen wir nur mit unseren ersparten Goldstücken tun?“ Die drei setzten sich zusammen und suchten nach einer Lösung. Plötzlich hatte eine von ihnen die rettende Idee: „Wir legen das Gold und die Wertsachen in eine große Eisenkiste, die wir dann vergraben.“ Einer anderen von ihnen fiel auch sogleich ein ungewöhnliches Versteck ein, wo niemand auf die Idee käme, zu suchen: „Wir verstecken die Schatztruhe auf dem Grund des Mühlenteichs.“
Und so bereiteten die drei Jungfrauen alles vor, um ihren Plan umzusetzen. Am Abend öffneten sie dann die Schleuse, sodass das Wasser aus dem Teich in den Rhein floss. Es dauerte eine geraume Zeit, bis der Mühlenteich schließlich leer war, und so war es fast Mitternacht, bis die drei die schwere Eisenkiste heranschleppen konnten. „Macht nicht so viel Lärm, uns darf niemand entdecken“, flüsterte die eine. Was sie nicht wussten, war, dass dies bereits geschehen war. Denn ihr Knecht hatte wegen des Rauschens des abfließenden Wassers keinen Schlaf finden können, war wieder aufgestanden und beobachtete nun im Lichte des Mondscheins das Treiben der Jungfrauen. Diese aber fühlten sich in Sicherheit und wateten durch den tiefen Schlamm, bis sie die Mitte des Teichs erreicht hatten: „Hier ist es gut“, befanden sie übereinstimmend und schaufelten den Schlamm zur Seite, bis sie auf festen Boden stießen. „Wir müssen noch ein Loch in den Grund graben, sonst reißt die Strömung die Truhe später weg.“ Schwitzend arbeiteten die drei Jungfrauen weiter, bis die Schatztruhe endlich tief unter dem Schlamm des Mühlenteiches sicher vergraben war. „Und nun nichts wie weg hier. Jetzt müssen wir das Wasser schnell wieder aufstauen.“
Nach getaner Arbeit gingen die drei erleichtert in ihre Mühle zurück und waren fest davon überzeugt, dass niemand ihr Versteck finden würde. Doch sie hatten die Rechnung ohne ihren Knecht gemacht. Dem ließ der Gedanke an den Schatz keine Ruhe, und er machte bereits eifrig Pläne, wie er die Truhe am besten heben könnte. Um nicht den gleichen Fehler wie die drei Jungfrauen zu machen, wartete er die nächste stürmische Nacht ab, damit sie das Rauschen des abfließenden Wassers nicht hören konnten. Dann hastete er durch den Schlamm bis zur Mitte des leer gelaufenen Teiches, und da er natürlich viel kräftiger als die Frauen ans Werk gehen konnte, hatte er die Eisentruhe bald ausgegraben. Anschließend ließ er den Teich wieder voll laufen und verschwand noch in der Nacht mit dem Gold und den Wertsachen.
Die drei Mühlenbesitzerinnen indes bekamen von dem nächtlichen Treiben nichts mit. Und als sie am nächsten Morgen aufstanden und ihr Knecht nirgends zu finden war, wunderten sie sich zwar sehr, warum er so heimlich, still und leise verschwunden war, dachten sich dabei aber weiter nichts Arges. Die Zeit verging. Als die Lage gegen Endes des Krieges wieder sicherer wurde, erinnerten sich die drei an ihre vergrabene Truhe. „Wir müssen sie wieder rausholen, sonst ist sie nachher noch durchgerostet“, sagte die eine von ihnen besorgt. Also machten sie sich erneut daran, das Wasser abzulassen, durch den Schlamm zu waten und zu graben ... und zu graben … Doch da war kein Schatz! Sie hatten bereits den Boden des halben Mühlenteichs aufgewühlt, als sie schließlich aufgaben. Plötzlich ging ihnen ein Licht auf. „Unser Knecht hat uns bestohlen und ist mit unserem gesamten Vermögen fortgelaufen“, erkannten sie entsetzt. Doch alles Wehklagen half nichts, Knecht und Eisentruhe waren fort.
Die Jungfrauen waren darüber derart bestürzt, dass sie nicht aufhören konnten, sich zu grämen und zu jammern – und alle in kurzem Abstand nacheinander starben. Aber auch im Jenseits, so hieß es, konnten die Seelen der „Müllejangsjuffere“ keine Ruhe finden. Deshalb seien sie als Geister auch später immer wieder zur Mühle zurückgekehrt und hätten nach ihrem verlorenen Hab und Gut gesucht.
In dunklen Nächten haben die Breisiger früher angeblich oft drei schwache Flämmchen beobachten können, die sich über dem Wasser des Teichs bewegten.